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FORUM OSTWEST 1992
Marek Ratajczak

Marek Ratajczak spielte bei der Entwicklung des FORUM OSTWEST eine besondere Rolle. Der gebürtige Warschauer vermittelte erste Kontakte in die Kunst- und Kulturszene in einer turbulenten Zeit des Aufbruchs in Polen.
Der Fall des Eisernen Vorhangs zwischen Ost und West, die politische Wende 1989 durch die Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc in Polen war noch keine Vergangenheit, als die ersten Ideen für das FORUM OSTWEST formuliert wurde. Es ging um gegenseitiges Kennenlernen und Austausch von Kunst und Kultur im Rheinisch-Bergischen Kreis. Nicht die etablierte Kunst- und Kulturszene sollte gewonnen werden, sondern die freie Szene, noch nicht angepasst an den Kunst- und Kulturbetrieb, sondern im Aufbruch wie die Menschen in Polen.
Susanne Bonenkamp fand in Marek Ratajczak, Kunsthistoriker, Fotograf und Kameramann, den idealen Kenner und Vermittler der Szene in Warschau. Er erinnert sich heute noch ganz genau an die Reise Ende 1991 nach Warschau: Bonenkamp hatte bereits Kontakte, Ratajczak fungierte als Türöffner in die Szene. "Die entscheidenden Gespräche fanden abends in einem Jazz-Lokal oder in der Küche statt", erzählt Susanne Bonenkamp. Ratajczak sind noch gut die vielen Diskussionen präsent, die er mitführte und übersetzte. Ein anstrengender Job. Bonenkamp habe die besondere Fähigkeit, mit guter Intuition, Zeitgefühl und großer Konzentration die wesentlichen Punkte für die Gestaltung des ersten FORUMS OSTWEST heraus zu arbeiten. „Die Suche nach Nähe zwischen Deutschen und Polen - das war damals sehr mutig ", erinnert er sich. Denn die Stimmungslage war heikel, nicht alle Polen standen Deutschen positiv gegenüber und viele hatten das starke Selbstbewusstsein, dass zuerst Polen die Wende vorangetrieben habe.
Ratajczak hat die Treffen im Keller einer Villa vor Augen, den junge Künstler als improvisierten Galerieraum nutzten, darunter Anna Skatulska, Malerei, und der Objektkünstler Wojtek Stefaniak. Beide werden 1992 ihre Werke bei FORUM OSTWEST in der Bergisch Gladbacher Galerie Schröder und Dörr erstmals im Westen präsentieren.
Skatulskas großformatige Ölbilder haben ruhige Farbflächen, in denen spontane Ereignisse in Form eines malerischen Gestus oder in realen Bewegungen von Menschen und Tieren ihre formale Strenge sprengen. Diese Spannung ist als Ausdruck von Rebellion und Kampf bildbestimmend.
Wojtek Stefaniak zeigte ein Stuhlobjekt, auf dem sich ein gefalteter Balg - wie von einem Akkordeon - aufbäumt ; es war seine eigenwillige Form, Weltanschauung und Erlebtes zu visualisieren. Ratajczak hält dies für die intuitive Wahrnehmung des Landes: Der Stoff, der nicht immer bewusst wird beim Entwickeln der Objekte. Eine nonverbale Deutung der Zeit der beiden Künstler.
"Bei der Vernissage in Refrath waren die beiden die Stars", weiß Marek Ratajczak zu berichten.
Auf beiden Seiten, so Ratajczak, hätten sich die Menschen die Themen der Zeit zu eigen gemacht, waren bereit, sich mit der politischen Kultur auseinanderzusetzen und herauszufinden, was ein Zusammenleben von Deutschen und Polen bedeutet.
Im Rückblick wird für ihn deutlich, dass schon 1992 die Weichen für das gegenseitige Verständnis auch für nachfolgende Generationen gestellt wurden. "Nationale Trennungen gibt es nicht mehr, es gilt, das Fremde zu akzeptieren, Ähnliches zu entdecken", stellt er in einem Rückblick auf die vergangenen zwei Jahrzehnte fest.



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