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Von Gisbert Franken
10. Forum Ost-West wirft Schatten voraus: Jan Bujnowski besichtigte
den Schauplatz
Ein spinnwebfeines, unregelmäßiges Netzwerk zieht sich
über eine weißschimmernde Fläche. Dickere und dünnere,
leicht zittrige Linien verknüpfen sich zu Maschen und Zellen:
eine Serie abstrakter Grafiken zweifellos.
Doch ein Rest-Irritation bleibt und beim zweiten und dritten Hinsehen
erkennt der Betrachter, dass es sich bei den vermeintlichen Skizzen
tatsächlich um Fotografien handelt : um den Zyklus Zäune
im Schnee des polnischen Kunstprofessors Jan Bujnowski (51).
Der Krakauer ist von Haus aus Grafiker und kann das zeichnerische
Element in seinen Kompositionen nicht verleugnen, auch wenn er sie
mit der Kamera hervorbringt. Doch Bujnowskis Ansatz erschöpft
sich nicht im Formalen: Er ist interessiert an der sozialen Wirklichkeit,
die sich in den Mustern spiegelt, die er auf den Film bannt. Zäune
spielen in Polen eine große Rolle, hat Susanne Bonenkamp
beobachtet, Rhein-Berg-Kulturreferentin, auf deren Einladung Bujnowski
in Gladbach weilte.
Das eigen Stückchen Land ist für die Polen von großer
Bedeutung - vielleicht Reflex auf Jahrzehnte des aufgezwungenen Kollektivismus
- und so wird der Besitz hingebungsvoll markiert. Die Grenze noch
des kleinsten Gärtchens wird mit einem wahren Flickenteppich
aus allen möglichen Holz- und Drahtresten gegen die Außenwelt
verteidigt, für Bujnowski willkommene Fundstücke auf seinen
Streifzügen durch das Krakauer Umland. Bujnowski ist ein
Philosoph, urteilt Susanne Bonenkamp. Er ist ein genauer
Beobachter der kleinen Dinge des Alltags, an denen wir sonst alle
vorbeilaufen. So sein zwölfteiliges Tableau mit Porträts
von Schrebergarten-Lauben: Auch diese improvisierten Hütten können
in ihrer Hinfälligkeit keinen Schönheitspreis beanspruchen,
doch für Bujnowski repräsentieren sie individuelle
Paradiese, Refugien einer anonymisierten Gesellschaft, die das Individuum
selbst gestalten kann.
Im Herbst wird Bujnowski im Rahmen des 10. Forums Ost-West seine Photographien
den Gladbachern in der Villa Zanders vorstellen. Wir wollen
zeigen, was in zehn Jahren für künstlerische und menschliche
Netzwerke zwischen Deutschland und Polen gewachsen sind, so
Bonenkamp. Vielleicht sind Bujnowskis filigrane Spinnennetze aus Draht
ein schönes Symbol dafür.
Bergische Landeszeitung, 08.05.2002
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