Forum OSTWEST
Grzegorz Banaszkiewicz „Korrespondenzen”

Detail aus Grzegorz Banaszkiewicz „Korrespondenzen”


Grzegorz Banaszkiewicz | Korrespondenzen
(Eröffnungsrede Dr. Magdalena Perz, Kunsthistorikerin)

Im Namen des Forum Ost-West heiße ich Sie ganz herzlich willkommen zu der Ausstellung „Korrespondenzen“ von Grzegorz Banaszkiewicz, einer Ausstellung, welche einen besonderen Beitrag im Rahmen des Ausstellungs- und Veranstaltungsprogramms zum Thema „Stadt“, anlässlich des 150 Jubiläum der Stadt Bergisch Gladbach leistet.

G. Banszkiewicz ist im Jahre 1951 in Czestochau geboren. Er studierte in Krakau an der Graphischen Fakultät. Zur Zeit ist er Leiter der Litographischen Werkstatt am Plastischen Institut in Czestochau. Dort ist er auch Professor an der Höheren Pädagogischen Schule.

Was macht eine Stadt aus? Worin manifestieren sich ihre Besonderheiten?
Ist es vielleicht deren moderne Architektur oder die stets gefragten historischen Orte oder vielleicht die Menschen, die sie beleben. Vielleicht sind es aber die anonymen, unspektakulären und auf den ersten Blick nichts sagenden Dinge, die es verdienen, bemerkt und wahrgenommen zu werden.



Denn, auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, vom Kindergarten oder in die Kirche, auf dem Weg zu Familienagehörigen und Freunden, tagtäglich schreiten wir über ihn, den anonymen Boden - der Gegenwart , der Vergangenheit oder der Zukunft - ohne einen einzigen Gedanken an ihn zu verschwenden. Wir begegnen verlassenen Straßenecken, einer längst ausgedienten Eingangstür, einem Gitter, einer verrosteten Klingel aus Metall, einem von dem Zahn der Zeit merklich verfallenen Eisenportal oder einem Kanalisationsdeckel, dessen Präsenz uns doch allzu selbstverständlich erscheint.
Auf den Spuren des Alltäglichen macht uns Banaszkiewicz in seinen Werken mit einer doch allzu vertrauten aber doch fremden lakonischen Welt bekannt, in der wir leben, die wir jedoch aus Hass, Gleichgültigkeit oder aber aus Selbstschutz bewusst oder unbewusst ausblenden. Wie ein Kryptologe entschlüsselt der Künstler Chiffren, die geheime Sprache der auf den ersten Blick nichts sagenden Dinge.
Bei längerem Hinsehen offenbaren seine Fotos eine eigene formal stimmige urbane Poesie

Welche Intentionen verbergen sich hinter diesen doch so symbol- und geschichtsträchtigen Bildern?
Der Titels seines Oeuvres „Korrespondenzen“ – suggeriert etwas Vereinigendes, etwas Einheitliches, eine Art Kommunikation.
Und tatsächlich, denn wenn wir uns die zusammengefügten Fotographien anschauen, so werden gleich einige Gemeinsamkeiten offenkundig: die quadratische oder kreisrunde Form, manchmal auch das Material. Was jedoch alle dargestellten Objekte gemeinsam haben, ist deren Banalität und obskure Alltäglichkeit.

Indem der Künstler all diese Gegenstände zusammenfügt, untersucht er deren stoffliche, historische und funktionelle Beschaffenheit. Er enthüllt deren ungeschriebene Grammatik, deren geheimnisvolle Ordnung. Durch ihn brechen die Objekte ihr Schweigen und weihen uns in ihre Geschichte ein.

Es ist vielleicht die Geschichte eines verlassenen Hauses, dessen Tür lange nicht mehr angestrichen wurde, es sind metallene Davidsterne, die uns die grauenvollen Ereignisse aus der Zeit des NS Regimes vor Augen führen. Es sind weiße Plaketten mit der Inschrift „Achtung elektrischer Strom“, auf denen ein Schädelkopf an den makabren Tod durch Stromschlag gemahnt. Weiter sehen wir geheimnisvolle Gitter, oder verrostete Tore mit eingravierten Flüchen. Es sind lebendige Spuren der Vergangenheit, die dokumentieren aber auch erzählen, über die wir hier noch einmal bewusst stolpern und die wie ein „memento mori“ den Betrachter zum Nachdenken animieren.

In seinem Oeuvre „Korrespondenzen“ weist Banaszkiewicz aber auch in die Zukunft, wenn er lichtdurchflutete weiße Blätter oder Tücher einem dunklen, verrosteten Gitter oder Deckel gegenüberstellt. Ein blauer, sonniger Himmel, auf den wir durch ein dünnes Gitter schauen, vermittelt große Hoffnung und führt uns die Endlichkeit der Menschlichen Existenz vor Augen.

Vorankündigung Grzegorz Banaszkiewicz „Korrespondenzen”

Was bezweckt der Künstler mit seinen Bildern?
Banaszkiewicz sucht nach der „Energie der Stadt“ – sagt er, einer Kraft, die jeder europäischen Stadt eigen ist, einer Energie, die sich hinter diesen Relikten aus vergangenen Jahren verbirgt. Die Photos sind Versatzstücke aus verschiedenen europäischen Städten, z.B. Paris, Antwerpen oder Brüssel, die der Künstler nach jahrelangem Suchen, zusammenfügt. Dies macht er willkürlich, subjektiv, ohne einem bestimmten System zu folgen. Diese Freiheit überlässt er auch dem Betrachter, der nun seinerseits seine eigenen Konstellationen schaffen und sie dann entschlüsseln soll.

Wie steht es mit dem Verhältnis des Künstlers zu seinen Werken?
Der Künstler ist davon überzeugt, dass die von ihm in einem Photo verewigten Objekte, durch den Wechsel der Funktion und der Bestimmung, die mit dem Photographieren einhergehen, dennoch ihre ursprüngliche Bedeutung nicht einbüssen. Sie bewahren weiterhin ihre Objektivität.

Banaszkiewiczs Bilder wirken banal und alltäglich, manchmal auch trist, weshalb man sehr genau schauen muss, nicht auf das einzelne Bild, sondern auf die Serie, um aus dem Allgemeinen das Besondere herauszusehen. Mögen sie traurig und trostlos wirken, sie sind die Dokumentation der Phänomenologie einer Stadt.

Lassen sie die Bilder auf sich wirken.


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